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Grenzen der praktischen Freiheit




Der freie Wille ist ein Geschenk Gottes an uns Menschen. Wie könnten wir sonst unseren Glauben und unsere Liebe zum Allmächtigen bezeugen? Wenn wir nicht frei wären in unseren Entscheidungen und Handlungen, könnten wir uns weder für noch gegen Ihn entscheiden. Wir würden Robotern und Maschinen gleichen, die nur das tun können, was ihnen einprogrammiert wurde.

In einem solchen Gedankenmodell wären Liebe, Gehorsam und Unterwerfung unter dem Willen Allahs unmöglich, denn diese Punkte basieren allesamt auf Freiwilligkeit. Ohne Freiheit wäre jede Handlung ein automatisierter Zwang. Der Sinn und Zweck unserer Schöpfung ist jedoch ein anderer.

Ansonsten hätte Allah den Engeln nicht befohlen, sich vor Prophet Adam (Friede sei mit ihm) niederzuknien. Die Engel sollten sich vor ihm niederwerfen, weil er als neues Geschöpf einige Besonderheit aufwies. Einer dieser Besonderheiten war seine große Verantwortung (Stellvertreter Gottes auf Erden). Denn wenn mit der Existenz des Menschen keine Verantwortung verbunden wäre, hätte es auch keine Notwendigkeit für Freiheit gegeben.

Missbrauchte Freiheit

Wissen und Verstand besaßen auch die Engel, aber im Gegensatz zu Adam besaßen sie keine Willensfreiheit. Mit dieser besonderen Segnung wurden nur die Menschen und Dschinns ausgezeichnet. Daher heißt es im Heiligen Koran (66:6) bezüglich der Engel: “Sie widersetzen sich keinem Befehl Allahs und führen alles aus, was ihnen befohlen wird.” Da Iblis zu den Dschinns gehörte besaß er die Freiheit sich zu widersetzen. Wäre er ein Engel gewesen, hätte er sich automatisch niedergeworfen.

Bevor sich der Schaytan dazu entschloss ungehorsam zu werden, war er ein treuer Diener. Man könnte sogar sagen, er war einer der größten Gelehrten. In Nahdschul-Balagha steht, dass er 6000 Jahre lang Allah diente. Er kannte sich bestens aus mit dem Glauben. Es gab kein Offenbarungsbuch und keine Überlieferung, die er nicht kannte. Wir können also nicht sagen, dass er aus Unwissenheit agierte. Nein, ganz im Gegenteil: Er war sehr belesen und weise.

Er widersetzte sich dem Befehl Allahs mit den Worten (38:76): “Ich bin besser als er. Mich hast du aus Feuer erschaffen und ihn nur aus Lehm.”  Das Motiv seines Ungehorsams war Stolz und Eitelkeit. Nach diesem Ereignis wurde er Iblis (Entäuschter) genannt. Sein wirklicher Name war bis dahin Azazil.

Nach seinem Glaubensabfall erbat Iblis eine Frist, in der er Allah “beweisen” wollte, dass die Menschen ihm folgen werden. Jene Frist wurde ihm gewährt, aber er wurde gleichzeitig darauf hingewiesen, dass er keinerlei Macht über den Menschen hat, außer der Mensch lädt ihn ein. Allah sagt hierzu (41:47): “Wer das Rechte tut, es ist für seine eigene Seele; und wer Böses tut, es ist wider sie. Und dein Herr ist niemals ungerecht gegen seine Diener .”

Es gibt keinen Zwang im Glauben

Allah schuf nicht das Böse, sondern erlaubte dem Schaytan bis zu einer bestimmten Frist den Menschen eine Alternative anzubieten. Ebenso wenig wurde uns die Willensfreiheit geschenkt, damit wir Sünden begehen und Verderben stiften auf der Erde. Das Böse wurde vielmehr zugelassen, damit wir in Freiheit entscheiden können, ob wir Allah dienen wollen oder nicht.

Diese Dualität (Gut und Böse) lässt Erkenntnis entstehen zwischen dem Erkennenden (Mensch) und dem Erkannten (Allah). Durch das Böse lernen wir das Gute bzw. Allah zu schätzen. Imam Ali (Friede sei mit ihm) sagte:  „Wisset, dass Ihr die Rechtleitung erst dann erkennen könnt, wenn Ihr auch den erkennt, der sie vernachlässigt hat, dass Ihr euch erst dann (ganz) an die koranische Verpflichtung halten könnt, wenn Ihr erkennt, wer sie missachtet hat, und dass Ihr erst dann gemäß dieser handeln könnt, wenn Ihr den erkennt, der sie zurückgewiesen hat.“ 

Wahre Gläubigkeit beruht auf Erkenntnis und freiwilligen Gehorsam. Die Bereitschaft Allah dienen zu wollen, muss aus eigener Kraft und Erkenntnis erfolgen. Freiheit ist ein Bestandteil der menschlichen Natur (fitra) und nicht getrennt von anderen islamischen Werten wie z.B. Frieden und Gerechtigkeit. Eine Freiheit, die z.B. zur Ungerechtigkeit führt, kann daher keine Freiheit sein. Daher ist Freiheit begrenzt durch die Werte der Wahrheit.

 von Mohamed D.


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